Das
Portrait
Rainer Gebauer
Kreisvorsitzender
der Jungen Union Heilbronn-Land
und Student
Von Jürgen Dieter
Ueckert
Er fühlt sich als Neckarsulmer - „weil ich hier aufgewachsen bin“.
Das sagt bewußt Rainer Gebauer, der in Heilbronn am 24. Mai 1957 geborene - und
derzeit in Würzburg studiert. Das Licht dieser Welt erblickte Gebauer in einer
Heilbronner Klink in der Lerchenstraße. Die Familie der Gebauers stammt aus
Sudentenland. Der Großvater war Schuhmachermeister. Für den galt als Arbeit und
Familie“, so sagte der Enkel heute, „Er hatte bis zu seinem Lebensende
geschuftet, praktisch bis er den Löffel hinlegen musste.“
Der Vater Rainer Gebauers – Sohn jenes erwähnten
Schuhmachermeisters – arbeitet als technischer Angestellter in Heilbronn. Die
Mutter stammt aus einer Heilbronner Familie und ist heute als Hausfrau
tätig. Ein weiteres Familienmitglied ist
eine zwölfjährige Schwester.
„Ich wuchs im katholischen Milieu auf und war seit frühester
Kindheit vom christlichen Glauben geprägt.“ Und Rainer Gebauer war von seinem Glauben begeistert. Kindliche
Frömmigkeit, Heiligengeschichten, das absolute „Gut-Sein-Wollen“ – das bewegte
der Jugendlichen. „In der Pubertät wuchsen dann die Zweifel und Vorbehalte
gegen die Hierarchie in der katholischen Kirche. Vor allem drückte sich das in
der Ablehnung des Papsttums aus.“
Mit zehn Jahren trat Gebauer den katholischen Pfadfindern bei („Deutsche
Pfadfinderschaft Sankt Georg“). „Freizeiten im Sommer, die Ordnung und auch die
Unterordnung, Leitbilder annehmen – das begeisterte mich. Für mich als
Einzelkind damals – so sehe ich das heute – war das sehr wichtig.“
Gebauer ist immer noch sehr aktiv im kirchlichen Leben tätig. „In
der Schulzeit war ich in einem Liturgieteam tätig. Wir haben versucht, der Kleinwelt
einer Kirchengemeinde, die uns sehr verkrustet erschien, eine neue Form zu
geben. Jazzmessen wurden abgehalten. Wir lasen
auch mal Texte von Karl Marx und Mao Tse Tung. Um zum Denken anzuregen.
Wir wollten einfach etwas auf die Füße stellen, etwas bewegen in der Nachfolge des Zweiten Vatikanischen
Konzils.“
Gebauer liest ab und zu seiner katholischen Kirchengemeinde Texte
aus der Bibel vor. Das heißt für ihn, er ist „Lektor“ in seiner Gemeinde tätig.
Erinnerungen an seine Kindergartenzeit – das sind ein Leben in einer
christlichen Sphäre. Das heißt für Gebauer in seiner Studienzeit momentan in
Würzburg, „weil an jeder Ecke eine Nonne steht – und da weiß ich, dass man sich
auf die verlassen kann.“
Schon im Alter von zehn Jahren begann Rainer Gebauer sich für
Politik zu interessieren. „Die Tode Adenauers und Kennedys, ich erinnere mich
genau daran, machten mich sehr betroffen.“ In seiner Klasse war er der einzige,
der mit elf Jahren schon die Tageszeitung las.
„Damals war ich rein emotional schon der CDU nahestehend, obwohl
ich in dieser Zeit keiner politischen Organisation angehörte. Eine Kusine
meiner Mutter war acht Jahre hindurch Sekretärin Adenauers. Und die erzählte
vom ‚Alten‘, ihrem Chef. Da konnte ich vieles erfahren, was der Normalbürger
nicht wissen konnte.“
Von 1967 bis 1976 besuchte Rainer Gebauer das
Albert-Schweizer-Gymnasium in Neckarsulm. „Ich würde mich als Menschen einstufen,
der immer fleißig gearbeitet hat. Die
Schule hatte ich nie als Last empfunden.
Ich würde sogar sagen, ich war dankbar, soviel lernen zu können. Die Mitschüler, die ihre Schulzeiten
angekotzt hatten, die nicht weitermachen wollten, die habe ich nie verstanden.“
Gebauers Jahrgang war das „Experimentier-Kaninchen“ für die
Oberstufenreform. Deutsch und Französisch waren Gebauer Schwerpunktfächer. „Ich
hatte einen hervorragenden Deutschlehrer, der uns beibrachte, zu formulieren,
Texte zu begreifen und zu interpretieren. Ich habe sehr viel Nutzen daraus
gezogen.“ Erfolg für seine fleißige Schularbeit: Rainer Gebauer erhielt beim
Abitur den Scheffel-Preis für die beste Deutschnote - und hinzu noch einen
Preis für gute Leistungen.
„Für mich selber hatte ich nach dem Abitur aus christlichen
Motiven kurz überlegt, den Wehrdienst mit der Waffe zu verweigern. Aber dann
habe ich die Bundeswehrzeit doch bewusst angenommen. Ich wollte mich nicht drum
herumdrücken.“ Gebauer kam in eine Panzerkompanie, „die für Außenstehende oft
das Image von Seemannsleuten und Messerstechern haben kann.“
Trotz den ‚rauen Klimas‘ wurde Gebauer zum Vertrauensmann gewählt.
Das Problem Alkoholismus seiner Kameraden versuchte er im „Kleinkampf“
anzugehen. Gebauer sieht – heute im Range eines Fähnrichs – sich trotzdem als
„kritischer Soldat“.
„Ich habe auch gesehen, wie
manche unteren Dienstgrade versuchten, Menschen kaputt zu machen oder Soldaten
zu diskriminieren. Was mich am meisten ärgerte war, dass Abiturienten, die sich
als Intellektuelle aufgeführt haben, so versagt haben, einfach resignierten,
ihre Zeit absaßen, um auf den Studienplatz zu warten.“
Verschiedene Berufe standen für Gebauer nach dem Wehrdienst zu
Diskussion: Katholischer Priester („Die Frage hatte ich für mich
auszudiskutieren, grundsätzlich. Nicht nur wegen des Zölibats. Ich glaube, dass
die katholische Kirche viele aktive Laien benötigt.“). Lehrer („Auf keinen
Fall. Der Beruf ist mir schon in der Jugendzeit aufgestoßen.“). Oder Jurist („Ein
Berufsbild, das nicht von vornherein so stark festgelegt ist. Von persönlichen
Ambitionen und der politischen Arbeit hergesehen entschloss ich mich dazu“).
Gebauer studiert jetzt im dritten Semester Rechtswissenschaften in Würzburg.
Zur Jungen Union kam Rainer Gebauer 1974. „Der Neckarsulmer
Ortverband bestand damals aus drei Personen, die sich nur mit sich selbst
beschäftigten.“ Kommissarisch leitete Gebauer die Junge Union in Neckarsulm und
hatte bei Landtags- und Bundestagswahl 1976 schon vierzig Mitglieder im
CDU-Ortsverband.
„Wir brachten auch kommunalpolitisch etwas in Bewegung und
erschreckten nicht davor zurück, den Oberbürgermeister Dr. Erhard Klotz von der
SPD anzuschießen.“ Gebauer bemängelt heute: „Der Gemeinderat besitzt nicht das
Bewusstsein, eine Kontrollorgans der Verwaltung zu sein. Die Fraktionen bemühen
sich zu wenig, ihre politischen Linien herauszustreichen. Politik ist reduziert
auf den Glanz eines selbstbewussten OB‘s.“ Für den Kreistags- und
Gemeinderatswahl im Herbst 1979 will Gebauer kandidieren, um endlich seine
Politik auch parlamentarisch umzusetzen.
Noch heute ist Gebauer Vorsitzender des Junge-Union-Ortsverbandes
Neckarsulm. Außerdem ist er Beisitzer im CDU-Stadtverband Neckarsulm und
Ersatzkandidat (Platz 13) auf der Europa-Landesliste der CDU.
Mitglied seiner Partei war Gebauer 1976 geworden.
Stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union im Kreisverbandes
Heilbronn-Land wurde er 1976. Im Januar 1978 wurde er zum Junge-Union-Vorsitzenden
im Unterland gewählt. Im Januar 1979 Wiederwahl.
„Wenn einige Menschen mich als Linken in der Jungen Union
bezeichnen, ist das infam. Ich versuche, ein christlicher Demokrat zu sein. Die
Schlagworte ‚konservativ und liberal‘, das ist für mich zu wenig. Ich verstehe
den christlichen Auftrag als Hefe in meiner Partei. Die Konzeption einer CDU
als Volkspartei finde ich nicht schlecht. Ein Zurück zu einer Zentrumspartei
lehne ich ab. Vielleicht ist man mal soweit, wenn man zu viele Frustrationen
erlebt hat.“
Die Junge Union hatte in den vergangenen Jahren sehr viele
Mitglieder gewonnen. Hat die Organisation das verkraftet? Rainer Gebauer
kritisch: „Verarbeitet hat die Junge-Union-Organisation das noch nicht. Die
Zielsetzung hat nicht durchgeschlagen. Wir stehen heute einer Masse von Leuten
da, die man auf Grillfesten und Discos geworben wurden, denen man aber nicht
geholfen hat. Die scheinbar heile Welt der Discos und John Travolta’s, die
Flucht in einen Narzissmus – das schlägt sich natürlich auch auf eine politische
Organisation der Jungen Union nieder,
die eine viertel Million Mitglieder hat. Wir müssen in voller Schärfe
vermitteln, worum es uns bei der Jungen Union geht.“
„Eine Politik für die Freiheit – Glück für die Menschen“ – dieser
CDU-Slogan für die Europa-Wahl wurde jetzt von der christliche Partei
abgelehnt. Gebauer: „Ich finde den Slogan nicht so schlecht. Wir müssen auch
dem Menschen Hoffnung geben, unsere Alternative herauszustellen. Uns fehlt
manchmal die Gelassenheit, die den Christen eigen sein sollte. Ich bin trotzdem
der vollen Überzeugung, dass wir Christdemokraten, längerfristig gesehen, die
bessere Weltanschauung haben. Wenn wir wollen, dann sind wir auf der
Siegesstraße.“
Neckar-Express,
Nummer 3, Seite 4
Donnerstag,
15.02.1979