Eine Lügnerin, die gern Jüdin wäre
Eine der vielen Lügen um den Holocaust
Am 8. September 2013 füllte auch Marie Sophie Hingst aus Deutschland das Formular aus - allerdings ohne bei der Wahrheit zu bleiben. So behauptete die in Irland lebende promovierte Historikerin mit ihren 22 ausgefüllten Gedenk- oder Opferbögen, dass große Teile ihrer Familie im Holocaust umgekommen seien. Einem aktuellen Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" zufolge ist die jüdische Familiengeschichte jedoch erfunden.
In Wahrheit eine Pfarrerstochter
Wie die Wochenzeitschrift nach Recherchen im Stadtarchiv Stralsund schreibt, stammt Hingst aus einer evangelischen Familie. Ihr Großvater soll demnach nicht - wie von ihr behauptet - Häftling im Vernichtungslager Auschwitz gewesen sein, sondern evangelischer Pfarrer.
Auch für die 21 weiteren angeblichen Holocaust-Opfer lassen sich in keinem Archiv Spuren finden - weder in den Digital Collections des Suchdienstes International Tracing Service noch im Archiv der Gedenkstätte Auschwitz oder im Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland, schreibt der Spiegel.
Doch einmal in die Welt gesetzt, verbreitete Marie Sophie Hingst ihre erfundene Familiengeschichte auf diversen Wegen: In Vorträgen vor der jüdischen Community, in ihrem Blog "Read on my dear, read on" (er zählt fast 240.000 regelmäßige Leser; mutmaßlich aus aktuellem Anlass ist er derzeit nicht aufrufbar), in Gesprächen mit Kommilitonen.
Reaktion beim BR:
In eigener Sache Stellungnahme zur Causa Marie Sophie Hingst
Bloggerin Marie Sophie Hingst hat laut Recherchen des Spiegels große Teile ihrer preisgekrönten Geschichten erfunden. Nach derzeitiger Faktenlage hat sie wohl auch die Redaktion des Zündfunks getäuscht.
Von Jan Heiermann, 04.06.2019
Zur Zeit wird ein weiterer journalistischer Fälschungsverdacht in den Medien aufgearbeitet. Es handelt sich um die Geschichte der Bloggerin, Historikerin und Journalistin Marie Sophie Hingst, die in der „Zeit“ und in anderen Medien eine von ihr initiierte und organisierte Sexual-Aufklärungskampagne für Geflüchtete vorstellte.
Nach derzeitiger Lage der Fakten wurde wohl auch die Redaktion des Zündfunks von ihr getäuscht.
Die Geschichte, mit der sie 2017 in den Medien für Aufsehen sorgte, klang äußerst interessant und ungewöhnlich. Am 16. Mai 2017 sendeten wir einen Beitrag über Aufklärungskurse für Flüchtlinge, in dem Hingst unter ihrem Pseudonym Sophie Roznblatt ein Interview gab. Sie brachte zum Interviewtermin vermeintliche Belege mit, u.a. Zeichnungen und ausgedruckte Mails. Ihr Auftreten in der Interviewsituation war äußerst natürlich und authentisch.
Bei der Recherche zu Themen und vor Interviews ergeben sich immer Hinweise, die die Glaubwürdigkeit einer Geschichte stützen oder diskreditieren. Im Zuge unserer damaligen Recherche zu Person und Inhalt gab es keinerlei Anhaltspunkte für etwaige Zweifel. Da Hingst bereits in anderen Leitmedien wie der Zeit veröffentlicht hatte, waren wir aber möglicherweise nicht so sensibilisiert, wie wir es hätten sein müssen. Anders als offenbar die Zeit wurden wir nach unserer Veröffentlichung leider auch nicht über mögliche Falschbehauptungen informiert. Die Onlinefassung des Beitrags ist aufgrund der rechtlichen Verweildauerregelungen im Mai 2018 depubliziert worden.
Im Moment versuchen wir Frau Hingst zu erreichen, um von ihr eine Stellungnahme zu erhalten. Dieser Vorfall wird sicherlich auf unsere zukünftige Arbeit Auswirkungen haben. Wir werden prüfen, wie wir falsche Geschichten und betrügerische Interviewpartner in unseren Recherchen noch besser erkennen und vermeiden können. BR
„Am 17. Juli 2019 wurde die Lügnerin Marie Sophie Hingst in ihrer Wohnung in Dublin tot aufgefunden. Die Polizei schloss Fremdverschulden als Todesursache aus. Ihre Mutter ging von Suizid aus.“
Wikipedia
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